10.07.2024 ● JP
Überall Azubi-Mangel und trotzdem keine freie Stelle für mich
Eine Menge regionaler Betriebe aus Würzburg, Kitzingen, Schweinfurt, Lichtenfels und Umgebung suchen Auszubildende händeringend. Auf dem Karriereportal für Unterfranken und den Obermain, jobs.mainpost.de, finden sich ganzjährig weit über 100 Stellen für Azubis. Große Arbeitgeber wie die Pabst Transport GmbH, krick.com, verschiedene Kliniken, das Bauunternehmen Riedel Bau und auch Bankenhäuser wie die VR Bank Main-Rhön suchen in verschiedensten Branchen Auszubildende. Bewerber:innen und Bewerber gehen am Markt manchmal trotzdem leer aus. Woran liegt das?
Eigene Präferenzen und Qualifikationsvoraussetzungen prüfen
Prof. Bernd Fitzenberger, Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg, sagt, dass es zum Teil daran liege, dass die Wünsche und Präferenzen Jugendlicher nicht immer zu den Stellenprofilen und den Qualifikationsvoraussetzungen der Betriebe passen.
So gebe es zahlreiche Berufe, in denen die Zahl der Bewerber:innen die Zahl der Stellen seit Jahren weit übertrifft. Dazu gehören zum Beispiel Ausbildungen im KFZ-Bereich, aber auch die Ausbildung in der Tierpflege und künstlerische-kreative Berufe wie Tischler, Mediengestalter oder Raumausstatter. „Das sind Berufe, die auch soziale und gesellschaftliche Präferenzen widerspiegeln, die eine hohe Anerkennung in der Gesellschaft haben.“
Fehlende Attraktivität der Berufe im Verkauf
In anderen Berufen dagegen fällt es Betrieben seit Jahren sehr schwer, Stellen zu besetzen. Das habe sich durch die Pandemie noch verschärft. „Das sind Berufe im Bereich Verkauf von Fleisch und Backwaren etwa, obwohl es gleichzeitig sehr viele Bewerber:innen gibt, die etwa einen niedrigen Schulabschluss haben und für diese Berufe infrage kommen würden“, sagt Fitzenberger.
Der Grund? Jugendliche haben schlichtweg kein Interesse daran. Dieser Effekt zeigt sich zum Teil auch bei qualifizierten Berufen im Handwerk, für Berufe auf dem Bau und seit der Pandemie auch besonders für die Berufe im Hotel- und Gaststättengewerbe.
Fehlende Mobilität, um alle Azubi-Jobs machen zu können
Einer der Faktoren, die Einfluss auf die Anpassungsprobleme auf dem Ausbildungsmarkt hat, ist nicht zuletzt die fehlende Mobilität von Auszubildenen. „Bei jungen Menschen kann man weniger davon ausgehen, dass sie bereit sind umzuziehen, um eine Ausbildung zu starten. Denn in diesem Lebensabschnitt wohnen viele Jugendliche noch bei ihren Eltern, nicht zuletzt auch aus finanziellen Gründen.“
Doch wer in einen sehr beliebten Beruf wie etwa die Tierpflege will, „wird nicht umhinkommen, einige Kompromisse einzugehen“, sagt Fitzenberger. Das kann auch einen Umzug bedeuten.
Durch Praktika den Wunschberuf finden
Nichtsdestotrotz gibt es noch immer viele Betriebe, die tatsächlich händeringend junge Menschen suchen – keine Kompromisse nötig. „Die sind dann auch oftmals bereit, sich stärker an die Wünsche der Jugendlichen anzupassen.“
Bernd Fitzenberger empfiehlt vor dem Berufseinstieg, in jedem Fall Praktika zu machen und auch über berufsvorbereitende Maßnahmen nachzudenken. „Um einfach zu sehen, was der Arbeitsmarkt neben dem, was man sich als Wunschberuf idealerweise vorstellt, so bietet. Da kann man durchaus positive Überraschungen erleben.“
Besonders in Zeiten nach der Pandemie und den darauf folgenden Umwälzungen am Arbeitsmarkt seien Jugendliche stark verunsichert, was den eigenen Berufswunsch angeht. „Wenn man dem breiten Feld an Berufen, in denen ein Stellenüberhang besteht, eine Chance gibt und mal reinschnuppert, wird man vielleicht etwas finden, das den individuellen Interessen stärker entspricht als erwartet.“
Ein wichtiger Teil der Berufsorientierung sei laut Fitzenberger auch, dass Jugendliche realistische Berufswünsche entwickeln. Das heiße eben auch, die Wünsche den offenen Stellen auf dem lokalen Arbeitsmarkt gegenüberzustellen.
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